In den Abschlussberatungen zum Faire Kassenwahl-Gesetz, das primär eine Reform des Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs zum Inhalt hat, haben die Koalitionsfraktionen die letzten Streitpunkte beigelegt. Das betrifft insbesondere das Verbot, in Selektivverträgen Diagnosen und Vergütungen zu verknüpfen, das vom Hausärzteverband, Medi und der AOK Baden-Württemberg, aber auch dem AOK-Bundesverband scharf kritisiert worden war. Nach Ansicht dieser Organisationen hätte ein Verbot die Praxis der in Baden-Württemberg und Bayern besonders stark verbreiteten Selektivverträge unmöglich gemacht. Nun haben sich die Koalitionsmitglieder im Gesundheitsausschuss darauf verständigt, die in den Entwurfsfassungen des Gesetzes enthaltenen Regelungen für ein Verbot der Diagnosevergütung zu streichen. Hintergrund der Initiative war, dass auf diesem Wege ein RSA-relevantes Upcoding praktiziert werden könnte, mit dem Kassen unrechtmäßig höhere Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds erhalten könnten.
An dieses Gesetz angedockt werden etliche Regeln, die bei Arzneimittel-Lieferengpässen greifen sollen. Danach können Patienten bei einem Lieferengpass auch ein nicht rabattiertes Arzneimittel des gleichen Wirkstoffs erhalten, ohne die zusätzlichen Kosten übernehmen zu müssen. Danach müssen Hersteller und Großhandel dem BfArM „Informationen zu verfügbaren Beständen, Absatzmengen und drohenden Lieferengpässen von versorgungsrelevanten Arzneimitteln“ übermitteln. Die Meldepflicht gilt auch für die ambulante Arzneiversorgung. Der schon jetzt bestehende Jour Fixe beim BfArM wird gesetzlich als Beirat verankert, in dem auch Vertreter der Ärztekammern, der Fachgesellschaften und der Patienten mitarbeiten. Das BfArM erhält den Auftrag, eine Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Arzneimittel zu erstellen. Zur Abwendung und Abmilderung von Versorgungsengpässen soll das BfArM „geeignete Maßnahmen“ ergreifen können. Das können auch Maßnahmen zur Kontingentierung oder die Verpflichtung sein, bestimmte Mindestvorräte bei Herstellern oder Großhandel zu halten. Rabattverträge im Generikabereich, die insbesondere von Herstellern als ursächlich für Lieferengpässe angesehen werden, stehen hingegen nicht zur Debatte.